Samstag, 6. Juli 2013

Das Land, die Leute


Vom Entwicklungsstand her ist Taiwan echt fortgeschritten, so zwischen China und Japan, aber eigentlich schwer zu beschreiben - also ich sag mal, wenn China Deutschland wäre, dann wäre Taiwan Bayern. Würde gerne sein eigenes Ding machen, hat die gerinste Arbeitslosigkeit, daher verhältnismäßig relativ viel Wohlstand, und man fährt gerne deutsche Autos (wobei, das trifft auf alle Länder zu in denen ich bis jetzt war). Na gut, Weisswurst und gutes Bier gibts hier nicht (außer Pilsener Urquell im Supermarkt), auch kein Fußball, aber dafür Berge, fast bis zu 4000m! Und eine eigene Sprache! Aber ich glaube, da hören die Gemeinsamkeiten auch schon auf. Um den Vergleich zu Bayern wirklich kritikfest zu machen, müsste ich noch weitere Nachforschungen anstellen. Sowohl hier als auch in Bayern.

Die Leute hier sagen dass Taiwan mit zu den sichersten Ländern der Welt gehört. Diese Tatsache wurde schon in Hongkong mehr oder weniger bestätigt: es gibt da eine Handyladestation, die einfach nur ein Regal mit mehreren Fächern ist, in denen die entsprechenden Lade-Adapter für verschiedene Smartphones liegen. Da legen die Leute dann ihr Smartphone rein und gehen derweil essen oder sonstwas erledigen. Es heisst, das Smartphone ei immernoch da wenn man wiederkommt. Hab ich aber nicht ausprobiert.
Hier in Taiwan lässt man den Rollerhelm gerne auf dem Fahrzeug. Klaut eh keiner. Oder Schlüssel im Roller stecken. Passiert auch nix. In der Mall gestern hab ich sogar eine Frau gesehen, die in drei verschiedene Geschäfte gegangen ist und ihre Einkäufe im Essbereich der Restaurants in der Mitte gesammelt hat. Der Autoschlüssel lag für mind. 20min unbeaufsichtigt da rum. Naja, hab ich jetzt ein neues Auto.

Ist natürlich Quatsch, bei soviel Freundlichkeit (außer die Busfahrer, wobei die sogar manchmal noch nach 100 Metern nach der Haltestelle anhalten und einen reinlassen) und Vertrauen kann man einfach keinem was Übles wollen! (ich ja sowieso nicht!)

Was gibts sonst noch? Also Wetter ist wie gesagt wie im Tropenhaus, ohne Klimaanlage wäre es auch ech hart. Auf dem 10 minütigen Weg zum Bus wird die Jeans einmal komplett durchgeschwitzt, aber die anderen Praktikanten meinen, dass man sich nach ein paar Tagen dran gewöhnt. Merk ich aber noch nix von, sobald ich vor die Türe gehe schwitz ich sofort wie ein Schwein. Auch Abends bleibts einfach fies warm, nie unter 30°C. Hell wirds ca. um halb sechs und Dunkel so gegen halb 7, ganz angenehm also.
Letztens sind wir in einen Platzregen gekommen, danach war ich bis auf die Shorts durchnässt... eigentlich toll zwecks Abkühlung, da ich mir aber eine Taiwanesische SIM-Karte holen wollte, gings erstmal in schön in den Gefrierschrank (=Handyladen). Hier ist es draußen über 35°C, drinnen dann meist so um die (gefühlte) 10°C... besonders schlimm ist das im Zug, da ists einfach ultra kalt. Ich weiss nicht wie die Leute diese extremen, kurzfristigen Temperaturwechseln verkraften. Und extrem langsam ist der "Zug" auchnoch. Sieht aus wie einer, ist aber eher ne Bimmelbahn. Jede Metro hängt den dreimal ab. Schneller als 40kmh fährt der nicht :(
Naja, zurück zur SIM-Karte. Mit nassen Klamotten ist auch der Handyshop wie ein Eisfach. Ich hab erstmal vor der Tür gewartet bis der Verkäufer alles geregelt hatte. Dann wieder rein, Pass vorzeigen. Ja, komischerweise braucht man in Taiwan beim Kauf einer SIM-Karte seinen Pass, Passnummer und Passkopie(!!!) gehen dann in den PC, damit man keine bösen fiesen Terroranrufe macht, oder so. Der nette Herr vom Handyshop schaut dann halt auf meinen Pass, und fragt erstmal:

"Whats the name of the country?"
"Germany"
"Can you wirte it down?"
-aufgeschrieben
"Hm, hen hao, is that in America?"
"Err, no, its Germany, its my country, its not in America."
"What is this Frankfurt?"
"The city where I got my Passport, a city in Germany"
- seine Assistentin googelt Germany, und in einem Wust aus Chinesischen Zeichen erscheint eine Deutsche Flagge auf dem Display
"Yes, this is Germany", sag ich und freue mich einen Beweis zu haben dass mein Pass echt ist. Gerade nochmal gut gegangen! Danach habe ich dann auch die SIM-Karte bekommen :)

Hier ein paar Fotos von der Gegend um mein Wohnhaus:


Bushaltestelle (musste lange suchen, da ich von der anderen Seite kam, und da ein "kleiner" Strommast im Weg steht...)

Die Hauptstraße nahe meiner Wohnung
An der "whereisgermany?" story sieht man, Taiwan ist ein Land der Kontraste. Die kleinen Schulkinder können fast alle Englisch, und ein paar grüßen auch oft direkt wenn sie einen Fremden sehen (Hello, byebye); die alten Leute hingegen können gar kein oder nur sehr wenig Englisch. Am Institut können alle ganz gutes Englisch, außer Putz- und Kantinenkräfte. Manche kennen sich geografisch gut aus, manche eben nicht. Naja, so ist das eben. Im Allgemeinen ist das Englisch durchwachsen, aber ich kann mich echt nicht beschweren, man kommt überall weiter. Und wenn nicht, wird man solange von Mitarbeiter zu Mitarbeiter geschoben, bis man beim letzten landet, der dann eventuell Englisch kann. Zumindest ein Fingerzeig in Kombination mit dem Wort "this" (oder chin.: zhe gue [tßzegge]) verstehen alle :)

Vorhin noch eine Familile auf einem Roller gesehen. Genau, ein Roller, eine Familie. Zwei Kinder standen zwischen Lenker und Papa, dahinter saß das dritte, dahinter die Mama. Mit viel Übung ist das bestimmt super sicher!

Apropos sicher, der Verkehr ist relativ wuselig. Nicht so schlimm wie im tiefsten China, wie man es von manchen youtube Videos kennt, aber da 80% der Fahrzeuge Roller sind, gehts halt kreuz und quer. Blinker wird eh selten gebraucht, im Prinzip schaut einfach jeder auf jeden, und dann passt das schon irgendwie. Unfälle habe ich noch keine gesehen. Wobei eigentlich ein Wunder. Ich hab unseren taiwanesischen Mitpraktikanten Michael mal gefragt, wie lange man denn für den Rollerführerschein braucht. Bis heute habe ich seine Antwort entschieden verdängt, mein Unterbewusstsein meldet aber einen Wert von 20-30 Minuten. Er fands dann irgendwie komisch dass wir in Deutschland 20-30 Stunden für unseren Führerschein brauchen...

Wer sich jetzt fragt, Michael, hä, taiwanesisch? Jep. Ich weiss nicht ob ichs schon irgendwo erwähnt habe, aber alle Englisch sprechenden Chinesen haben einen englischen Namen, den sie seit der Grundschule haben. Und dieser Name wird dann auch in der Businesswelt ständig gebraucht, selbst in Emailadressen oder auf Visitenkarten steht er drauf, da die chinesischen Namen für nicht-Chinesen wohl zu schwer zu merken sind. Ein mehr oder weniger komischer Nebeneffekt ist, dass halt viele Chinesen deswegen Jacky heissen (wegen Jacky Chan), besondern die mit Nachnamen Chan :D
Auch Charlie, Wendy oder Sandy sind hier gern gesehen.
Ich finds ja irgenwie komisch, wenn ich überlegen würde, ich hieße heute noch Marvin (danke, Frau Rohletter!)...

So, was gibts sonst noch? Achja, die Pissoirs sind zu niedrig! Kein Ahnung wieso, aber meist sind die entweder ganz auf dem Boden oder in einer Höhe bis zu maximal 40cm. Stört mich irgendwie. Och, ich merke gerade, meine Kreativität neigt sich dem Ende zu, was nach vier Stunden Einkaufen in China aber durchaus normal ist! Der Post ist eh schon wieder viel zu lang geworden! Es folgen: ein Post über Essen, einer übers Einkaufen, und dann, mal weiterschauen...

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