Ich auf der Suche nach dem Om - der inneren Erleuchtung |
Gerade aus Paris zurück! Damit ist mein drittletzter Blogeintrag für dieses Jahr auch mehr als überfällig! Er beschäftigt sich mit den Lehren des Buddhismus. Während unseres Aufenthalts in Südkorea - der nun schon einen Monat zurück liegt - haben wir bei einem sogenannten "Temple Stay" im Naksan-Myogaksa Tempel mitgemacht. Das heißt, man verbringt einen Nachmittag im Tempel mit den Mönchen, lernt etwas über deren Alltag und die Lehren des Buddha. Das ganze gibt es auch mit Übernachtung, leider aber nur am Wochenende. Und man muss dann um 3:20 Uhr aufstehen, zum Morgenspaziergang, dann zur Meditation, und dann gibts erst Frühstück - also nicht so ganz mein Fall.
Das Temple Stay Programm ist extra auf Touristen ausgelegt, die den Buddhismus etwas näher kennenlernen möchten. Für 50.000 Won, umgerechnet 35€ pro Person, verbringt man an die fünf Stunden im Tempel, lernt etwas über Buddha, Meditation, Tee-Zeremonien oder Verbeugungszeremonien (war alles auf Englisch, daher erinnere ich mich nicht mehr so gut an die richtigen Ausdrücke beziehungsweise gibt es keine gute Übersetzung).
Der Myogaksa Tempel liegt mitten in der Megacity Seoul. |
Die Räumlichkeiten sind spärlich, aber sehr gemütlich eingerichtet. |
Eine Nonne war unserer Gastgeber für den Tag. Sie ist vierzig Jahre alt, und musste sich neun Jahre vorbeireten, um endlich Nonne werden zu können. Das beinhaltet unter anderem zehn Stunden (in Ziffern: 10) Meditation pro Tag! An 200 Tagen im Jahr. Also ganz schön hart. So lange brauchen allerdings auch Mönche - Gleichberechtigung ist eine der grundlegenden Lehren des Buddhismus.
Los ging es mit einer Einführung zum Buddhismus. Wichtig ist, dass es sehr viele verschiedene Formen dieser Religion gibt - Japanisch, Chinesisch, Tibetisch, Thai, oder eben Koreanisch, aber auch noch viele andere mehr. Während man im Japanischen Buddhismus als Mönch sogar Familie und Kinder haben darf, sind im koreanischen Stil jegliche sexuellen Gelüste untersagt.
Auch hier zeichnet sich wieder ein Kernaspekt des Buddhismus ab: Toleranz. Während bei uns schon Katholiken und Protestanten des Öfteren im Klinsch liegen (oder lagen), sagt Buddha, dass jeder den Buddhismus so verfolgen kann wie er gerne möchte. Und mitmachen kann auch jeder: eine Einführungszeremonie wie die Taufe ist nicht nöitg - das einzige was zählt ist der gute Wille und der Ehrgeiz, zu üben. Was man genau übt, wird als das Finden der "inneren Erleuchtung" bezeichnet.
Ziel des Buddhismus ist es also, seine innere Erleuchtung, das sogenannte "Om" zu finden. Diese Erleuchtung ist in Jedem von uns, wird aber von drei giftigen Gedanken, den "poisionous minds", verdeckt. Um diese loszuwerden, muss man hart arbeiten und meditieren. Der erste und größte giftige Gedanke ist Gier. Gier hat fünf Usprünge: Essen, Schlaf, Geld, Liebe, und Macht. Der zweite giftige Gedanke ist Zorn. Zorn entspringt meist aus Gier. Der dritte Gedanke ist Dummheit, die aus der Arroganz des Menschen ansich entsteht.
Hat man sich einmal von allen giftigen Gedanken befreit, so erreicht man den Zustand der Erleuchtung. Dieser Zustand ist aber nur sehr schwer zu erreichen, und man muss sehr viel üben. Selbst ein Zen-Meister, eines der höchsten Ämter im koreanischen Buddhismus, kann den Zustand der Erleuchtung nur über kurze Zeiten halten.
"Five Things", sagt unsere Gastgeberin. Fünf Dinge sind es, die Gier im Menschen verursachen. |
Alle Menschen sind gleich vor Buddha - deshalb darf auch jeder Mönch oder Zen-Meister werden. |
Das Tolle am Buddhismus ist, das Buddha nicht ein Gott ist, den man anbetet, sondern eine Art Mentor ist. Man strebt danach, so zu sein wie der Buddha, um seine innere Erleuchtung zu finden und möglichst lange zu halten. Dafür ist allerdings auch körperliche Ertüchtigung nötig. Diese soll allen Ärger, alle Ängstlichkeit und alle schlechten Taten fallen lassen. Man lässt sich selber fallen, und dazu alle seine schlechten Taten.
Die ursprüngliche Bedeutung der Verbeugung ist, seinem Gegenüber mitzuteilen, dass man keine Waffe hat (Hände falten = ich habe keine Waffe), und dass man friedliche Absichten hat. Heutzutage ist es schlicht eine Geste des Respekts.
Um alle bösen Dinge fallen zu lassen, haben wir eine Perlenkette mit 108 Perlen gemacht. Bevor man allerdings eine Perle auf die Kette stecken kann, muss man sich verbeugen, hinknien, mit der Stirn den Boden berühren, und wieder aufstehen. Und das Ganze einhundertundacht Mal. Warum gerade 108? Auf visitkorea.kr, der Seite, auf der wir fast alle unsere Touristeninfos gefunden haben, findet man Folgendes:
"Ein Grund, warum man eine Serie von 108 Verbeugungen braucht, um alle
schlechten Handlungen, die man getan hat, loszuwerden, sind die "Sechs
Kontaktpunkte“ (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Anfassen und Denken),
die durch die Sechs Sinne produziert werden (Augen, Ohren, Nase, Zunge,
Körper, Geist) und dies hat sich unendlich durch Vergangenheit,
Gegenwart und Zukunft fortgesetzt (6 x 6 x 3 = 108)." Gar nicht mal so unlogisch.
Ganz schön viel Arbeit! 108 Perlen, 108 Verbeugungen, 108 Mal den Boden berühren. Und das macht ein Mönch täglich! |
So sieht das Ganze dann aus. |
Danach gab es ein vegetarisches Mittagessen in der Kantine des Klosters. Wie immer war ich extrem überrascht, wie gut und sättigend man in Asien fleischlos essen kann. Auch Externe dürfen hier gegen ein gewisses Entgeld essen, oder die Gelgenheit nutzen, falls sie einen Termin beim Zen-Meister haben.
Gut gesättigt ging es dann zu Meditation. Und die ist gar nicht mal so einfach und entspannend wie man denkt! Gerade sitzen, Beine übereinander (aua!), Zunge im geschlossenen Mund rollen, sodass die Spitze die Mundhöhle berührt (mega anstrengend), Augen zu nur 20% geöffnet (sieht total bescheuert aus und ist auch total anstrengend) und mit den Daumen ein Loch vor dem Bauch formen. Diese Haltung hat folgenden Hintergrund: Die Beine im Dreieck, für Standfestigkeit. Die Hände und die Zunge im Kreis, um die Energie im Kreis zu führen. Die Augen halb geschlossen, für einen Traumzustand zwischen Schlaf und Wachsein. Ein großes Problem der jungen Adepten ist, dass sie während der meist einstündigen Meditation (zehnmal eine Stunde pro Tag!) einschlafen. Das merkt der aufmerksame Zenmeister daran, dass die Fingerhaltung zusammensackt. Dann gibts mit einem großen Bambusstock auf die Zwölf. Der Vorteil: alle anderen wachen auch auf. Bei uns ging die Meditation gerade mal 15 Minuten, die wahrscheinlich längsten 15 Minuten meines Lebens.
Auf der Suche nach der inneren Erleuchtung - mehr oder weniger erfolgreich. |
Wer einschläft, bekommt einen drauf. Ganz schön laut, so ein Bambusstock. |
Der letzte Teil unseres Besuches bestand aus einer Tee-Zeremonie. Der Ablauf ist klar vorgegeben, jedes Stück im Teeservice hat seinen festen Platz, alles wird sehr sauber und ordentlich gemacht. Hier haben wir auch erfahren, woher der grüne Tee kommt:
Es gab mal einen Mönch, dem beim Meditieren immer die Augenlider zugefallen sind (kaum zu glauben, bei schlappen zehn Stunden pro Tag!). Er konnte diesen Umstand nie so ganz in den Griff bekommen, und somit hat er sich die Augenlider voller Zorn dann einfach abgeschnitten. Er hat sie in den Dreck geworfen, und da wo sie von der Erde verschluckt wurden, wuchs ein Baum, der Ursprung des grünen Tees. Macht ja auch Sinn, denn grüner Tee macht ja schließlich wach.
Danach wurde der Mönch ein großer Buddha, da er den ganzen Tag ohne Probleme meditieren konnte. Allerdings ging es mit dem Schlafen dann auch nichtmehr so gut, sodass der gute Mann neun Jahre lang ohne Pause meditiert hat, und dann einfach während der Meditation gestorben ist. Wahre Geschichte!
Auch die Tee-Zeremonie beinhaltet viele Verbeugungen. |
Der Teemeister (in dem Fall Frauke) ist für den korrekten Ablauf der Zeremonie zuständig. |
Der Erschaffer des Grünen Tees - ein sehr eifriger Mönch ohne Augenlider. |
Zum Abschluss geb es dann eine Gesprächsrunde mit unserer Nonne und einer Adeptin, in der man eigentlich alles fragen konnte. Und ein nettes Abschiedsfoto haben wir auch noch bekommen.
Im Sitzen kam sie mir gar nicht mal so klein vor - unsere immer freundliche Gastgeberin. |
Abschiedsgeschenk: meine Kette mit den 108 Perlen und dem Zeichen für das Om. |
Der Temple Stay war mit Abstand die interessanteste Erfahrung in Südkorea. Zusammen mit den Nachtmärkten, Tanzshows und gigantischen Shopping Malls hat sich mir ein unglaublich vielfältiges und farbenfrohes Bild eines extrem interessanen Landes ergeben.