Die letzte große Etappe unserer Ostküstenreise hieß Lanyu, die Orchideeninsel. Zuerst haben wir aber die Nacht in Taitung (=Taidong) verbracht. Ich kam aus Ruisui, und meine Mitstreiter von der Küstenstraße aus Donghe. Durch Zufall haben wir ein Hostel gefunden, dass zwar noch nicht aufhatte, uns aber durch das Hostel auf der anderen Straßenseite, das ausgebucht war, vermittelt wurde. Das Zimmer war aber eher ein Hotelzimmer:
Kein Vergleich zu Shitiping - und trotzdem derselbe Preis. |
Eine junge Familie mit zwei Kindern waren die Besitzer unserer Unterkunft. Ich habe selten nettere Menschen in meinem Leben getroffen. Bei alles und jedem wurde uns trotz mittelschweren Sprachproblemen geholfen, unsere Gastgeber waren immer sehr freundlich und herzlich. So sind wir nach einer Reissuppe mit Meeresfüchten zurück ins Hostel, um noch eine Runde Skat zu spielen. Dabei haben wir einen neuen Fan gewonnen: die zehnjährige Tochter war sehr faziniert und neugierig über die weiguoren, die Fremden, die die Nacht im Hause ihrer Eltern verbrachten.
Ohne Scheu hat sie mir dann direkt ein chinesisches Kartenspiel beigebracht, und permament sichergestellt dass ich auch ja verstehe wie das geht! Zwischendurch kam es eher einem monotonen Austausch von "wo ting bu dong" gleich, was "Ich verstehe nicht" heißt. Dennoch habe ich dann trotz wenig Chinesisch meinerseits und noch weniger Englisch ihrerseits das Spiel einigermaßen verstanden. Nur um ihr Skat beizubringen hat es leider nicht gereicht.
Hendrik unterwegs im Auftrag der Völkerverständigung. |
Am nächsten Morgen stand meine Kartenspiellehrerin dann auch schon Punkt acht vor unser Zimmertür, um uns Frühstück zu bringen. Der Abschied fiel schwer, aber dank eines Fotos mit uns war sie am nächsten Tag der Star in der Schule.
Nach einem echt guten Frühstück haben wir uns dann auf den Weg zum Hafen gemacht, um das Schiff zur Orchideenisl (Lanyu) zu nehmen. Geplant waren zwei Nächte auf Lanyu, aber da es am Montag kein Schiff gab, blieben nur Samstag und Sonntag.
Im Hafen von Taitung werden die Fischernetzte noch von Hand gemacht. |
Das Ohne-Wörter-Buch von Langenscheidt - oft der Retter in der Not. |
Unser Schiff nach Lanyu. Ziemlich schmal und schnell... |
Wir haben das Schiff während der Überfahrt liebevoll "den Kotzkutter" getauft. Der extreme Wellengang hat über die Hälfe der Passagiere ihren Mageninhalt gekostet. Ich muss zugeben, ich hatte zwischendurch auch so meine Schwierigkeiten. Nach drei Stunden war ich echt froh, das Ganze unbeschadet überstanden zu haben.
Manche Passagiere haben die Fahrt weniger gut weggesteckt (der grüne Beutel in der Bildmitte ist übrigens komplett mit Mageninhalt gefüllt). |
Ankunft auf Lanyu. |
Nachdem wir im Hostel eingecheckt hatten, sind wir direkt zu einer Tour um die Insel gestartet, um das (noch) gute Wetter auszunutzen. Hier ein paar Impressionen:
Die Menschen auf Lanyu sind nicht ganz so herzlich wie in Taitung. Das merkt man daran, dass man kaum angelächelt wird oder in der einzigen Bar der Insel (mit übrigens hervorragendem Barbecue) erst fragen muss, damit man bedient wird. Allerdings ist das auch wiederum verständlich. Ich habe mich im Nachinein ein wenig über die Insel informiert und herausgefunden, dass die Regierung vor ein paar Jahren an die 100.000 Fässer mit Radioaktivem Abfall auf der 4.000 Seelen Insel gelagert hat. Als Entschädigung gibt es läppische 500.000€ pro Jahr. Von der Kultur der Ureinwohner sind zwar noch Traditionen und Feste vorhanden, allerdings ist die Haupteinnahmequelle der Insel der Tourismus, der aber nicht ganz so stark ist wie zum Beispiel auf Green Island. Man ist quasi von äußeren Einflüssen Abhängig.
In der einzigen Bar auf der Insel fühlt man sich wie am Ende der Welt. Und es gibt gutes Bier. |
Am darauffolgenden Tag sind wir morgens zum Schnorcheln. Trotz schlechten Wetters war es eine einzigartige Erfahrung. Durch den geringen Tourismus auf Lanyu sind die Korallenriffe zum Großteil unberührt. Die Sicht war auch ohne Sonne fantastisch. Man kann über lebende Korallen streichen, die sich kurz darauf dann in den Fels zurückziehen. Mit ein bisschen Brot kann man die Fische anlocken, und plötzlich hängen einem hunderte von Nemos an den Händen. Über eine Stunde haben wir im Wasser verbracht, unter anderem rohe Austern gegessen oder riesige Fisch dabei beobachtet, wie sie durch die Korallen streifen.
Zum Mittagessen ging es dann in eines der sieben Dörfer der Insel. Wie auch sonst überall auf Taiwan, gab es auch hier supergutes Essen zum kleinen Preis. In dem Falle war es eine kräftige Rindfleischsuppe.
Auf Lanyu gibt es sieben kleine Siedlungen wie diese, die alle neben dem chinesischen auch einen Yami Namen haben. |
Das Wetter war am nächsten Tag zwar nich ganz so gut, doch die Landschaft war dadurch nicht weniger beeindruckend. Die folgenden Fotos sind allerdings nur ein kläglicher Versuch, das Ganze einigermaßen realitätsnah abzubilden:
Neben Dschungel, Korallen und radioaktiem Abfall gibt auf Lanyu auch noch hohe Wellen, wunderschöne Felsen und mehrere Höhlen:
Besonders am zweiten Tag hatte es der Wellengang in sich. Das hat man auch auf dem Trip zurück gemerkt. |
Natur macht Kunst: die Rückstände einer Koralle an der Felsküste. |
Eine der vielen Höhlen der Insel. |
Da es am Montag wie gesagt kein Boot von Lanyu nach Taitung gab, mussten wir schon am Sonntag frühzeitig ans Festland. Das war aber gar nicht so schlimm. Wir sind im gleichen Hostel wie am Vortag eingecheckt, und die Freude über unsere Rückkehr war auf beiden Seiten groß.
Den Montag haben wir bei den heißen Quellen südlich von Taitung verbracht. In dem Thermalbad mit Becken von bis zu 45°C ließ es sich dann mehr oder weniger gut aushalten.
Im Thermalbad in den Bergen von Taitung ließ sich der Vormittag ganz gut aushalten. |
Teilweise sind die Quellen so heiß, dass man sogar kochen kann. Dafür ist diese Kochstation hier vorgesehen. |
Montag Abend war es dann Zeit für den Rückweg. Die fünfstündige Zugfahrt ließ sich mit einer Runde Skat aber ganz gut rumkriegen. In Taipei dann schnell in den vorletzten HSR gehüpft, und schon waren wir nach unserer fünftägigen Ostküstentour daheim im zivilisierten Hsinchu.
Wie hier zu sehen ist, waren meine Blätter beim Skat weniger gut. Nach 36 Runden mussten wir uns Max geschlagen geben. |
Die Tour entlang der Ostküste war bis jetzt die schönste Reise, die ich hier unternommen habe. Es hat sich wieder bestätigt, wie wunderschön und kontrastreich Taiwan ist. Eine einzigartige Insel.
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